Eine Bahnfahrt nach Rom
11. Aug. 2025
Eberhard Waffenschmidt
Letzten Sommer wollte ich nach Rom zu einer Konferenz. Zwei
Wochen vorher war ich gerade dabei, Flugtickets zu buchen: Zwei Mausklicks, und
ich hatte mehrere Flüge zur Auswahl. Da schaute mir mein Sohn über die
Schulter. "Du willst Doch nicht etwa nach Rom mit dem Flugzeug?"
"Wieso nicht?" "Weißt Du eigentlich, was solche Kurzflüge für
eine Klimasauerei sind?" Das wusste ich durchaus ganz genau. "Nach
Rom kann man doch ganz bequem elektrisch mit der Bahn reisen." Er wusste,
wovon er redet: Ein paar Wochen vorher war er zu einem Studienaustausch nach
Madrid mit der Bahn gereist. Da hatte ich keine ernsthafte Ausrede mehr.
Um mein Gewissen
und das meines Sohnes zu beruhigen schloss ich die Website mit den Flügen kurz
vor dem "Jetzt buchen". "Vielleicht kannst Du ja mit dem
Nachtzug von München aus fahren," empfahl mein Sohn und verabschiedete
sich. Das klang attraktiv. Tagsüber rechtzeitig nach München, dort in einem
Brauhaus die nötige Bettschwere besorgen und dann am nächsten Morgen in Rom
aufwachen. Zu schade, dass dieser Zug zwei Wochen vorher schon ausgebucht war,
wie ich nach einiger Suche nach der passenden Website rausfinden musste.
Also dann mit "normalen" Zügen. In der Bahn-App
wird mir wahrhaftig Rom als Ziel angezeigt und es werden mehrere Verbindungen
angezeigt. Das ist ja einfacher als gedacht, denke ich und wähle mir eine
Verbindung mit rund 14 Stunden Fahrt aus. Natürlich denke ich an großzügige Umsteigezeiten.
So, jetzt buchen. Dazu werde ich aber auf die internationale Seite der Bahn
weitergeleitet. Dort muss ich die Verbindung neu suchen. Wie war die noch? Ah,
OK. Nochmal "jetzt buchen". Es erscheint ein "Error 401"
(oder so ähnlich). Und ich werde aufgefordert, entweder die Fahrkarte entweder
per Telefon oder in einem Service-Center der Deutschen Bahn zu buchen. Ich
entscheide mich für eine lebendige Person. Ich muss eh gleich nach Köln, und
dann kann ich in Köln Messe-Deutz auch gleich die Fahrkarten kaufen.
Ich komme mit meinem Faltrad am Bahnhof an. Da ich das Rad
nicht unbewacht draußen stehen lassen möchte, nehme ich es mit in das
Infocenter. „Das Fahrrad bleibt aber draußen!“ tönt daraufhin eine tiefe
Stimme. Ich überlege kurz, dann fällt mir etwas ein: Ich klappe das Faltrad
zusammen und stelle es in die Ecke. „Das ist kein Fahrrad, das ist Gepäck,“
behaupte ich.
Zum Glück bedient mich dann nicht die tiefe Stimme, sondern
eine freundliche Kollegin. Ich erläutere ihr mein Anliegen. Sie scheint Feuer
und Flamme dafür zu sein und freut sich vermutlich, endlich mal etwas
Herausforderndes tun zu dürfen. Ich nenne ihr meine Wunschverbindung und sie
gibt sie in ihr Terminal ein. "Error 401" erscheint, genau wie bei
mir. Aber als Fachfrau weiß sie direkt, was das bedeutet: "Der Zug in der
Schweiz ist schon ausgebucht." Wir suchen nun eine neue Verbindung. Da ist
aber der Zug in Italien nicht mehr zu bekommen. Nach 20 Minuten ist endlich eine mögliche Verbindung
gefunden. Da muss ich zwar um 5h morgens aus dem Haus, aber es geht. Prima, nur
noch bezahlen und fertig.
Leider funktioniert gerade das Bezahlen mit Kreditkarte
nicht. Die tiefe Stimme schafft es auch nicht. Nein, und ich habe leider auch
nicht genug Bargeld dabei. Vor allem nicht, weil die Fahrkarte etwa doppelt so
teuer ist, wie ein Flugticket. Aber was tut man ja nicht alles für die Umwelt. "Dann
stelle ich ihnen jetzt einen Gutschein aus, den können sie mit der Kreditkarte
bezahlen, und dann verrechnen wir den mit den Fahrkarten." Das klappt.
Leider dauert es zu lange, denn als wir die Fahrkarte verrechnen wollen, ist
die Verbindung schon ausgebucht. Also nochmal alles von vorne. Die junge Dame
am Schalter beweist eine Engelsgeduld. Am Ende funktioniert sogar die Bezahlung
mit Kreditkarte wieder. "Dann buchen wir den Gutschein wieder
zurück," wird mir versprochen (und auch eingehalten). Nach etwa eineinhalb
Stunden habe ich dann endlich meine Fahrkarten.
Die Fahrt selber lief dann problemlos.
Inzwischen soll es einfacher sein. Kürzlich las ich eine
Pressemeldung, dass ein neues europäisches Ticketsystem eingeführt sei. Bei der
nächsten Konferenz probiere ich das mal aus.